Unsere aktuellen Nachrichten auf einen Blick

Pfarrer Dirk Heckmann entwickelt unter dem Titel „Himmel und Erde“ ein Pilgerprojekt – Ein Interview

Pfarrer Dirk Heckmann ist seit dem 1. Januar 2025 im Kirchenkreis Tecklenburg tätig. Er übernahm Vertretungsaufgaben im Rahmen der vakanten Pfarrstelle von Pfarrer i.R. Harald Klöpper. Darüber hinaus arbeitet er in der Gemeinde Lienen in der Konfiarbeit. Seit Mitte des Jahres ist sein Gemeindeauftrag auf 50 % reduziert.

Dadurch gewinnt Dirk Heckmann Freiraum für ein innovatives Pilgerprojekt im Tecklenburger Land. Unter dem Titel Himmel und Erde möchte er Orte auf Pilgerwegen identifizieren, an denen sich Himmel, Erde und Literatur gegenseitig bereichern, himmlisch und geerdet eben. Öffentlichkeitsreferentin Christine Fernkorn führte mit ihm ein Interview. 

Wie kam es zu dieser Projektidee?

Der Aufruf Jesu „Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune!“ (Lk14,23) ist der Ausgangspunkt für Himmel und Erde. Wenn die geladenen Gäste nicht kommen und die Kirchen nicht ganz füllen, dann sollen wir die Einladung auf die Wege bringen, die wir hier im schönen Münsterland und in ganz Westfalen haben. Das Münsterland und das Tecklenburger Land sind zwei landschaftlich reizvolle Regionen, die sich besonders durch ihre weiten Ebenen, malerischen Felder und sanften Hügel auszeichnen. Das Münsterland ist bekannt für seine weitläufigen Parklandschaften, zahlreiche Burgen, Schlösser und prächtige Gärten. Das Tecklenburger Land ist etwas hügeliger und naturnaher. Es bietet eine abwechslungsreiche Landschaft mit Wäldern, Tälern und Fachwerkdörfern. Beide Regionen sind perfekt für Wanderungen und Radtouren. Sie bieten eine Mischung aus Naturerlebnis, Kultur und Geschichte und sind damit ein ideales Ziel für einen erholsamen und abwechslungsreichen Wanderurlaub. So erreichen wir mit dem Projekt Himmel und Erde sowohl die regionale Bevölkerung als auch anreisende Kurzurlauber aus dem nahen Ruhrgebiet. 

Wie stellst du dir die Pilgerarbeit in der Praxis vor?

Der Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) betreut die Jakobswege und ist für die Wegkennzeichnung zuständig. Der Jakobsweg führt von Osnabrück über den Teuto nach Münster. Wir kennen alle die gelbe Muschel auf blauem Grund. Auf diesem Weg und auf weiteren Wegen werde ich QR-Codes an den Wegweisern anbringen, die auf spirituelle Kurzimpulse verweisen. Das ist eine Win-win-Situation: der LWL hat die Wege und wir haben als Kirche die Inhalte. Konkret: Zwischen Himmel und Erde finden wir interessante Orte, an denen ich einen biblischen und einen literarischen Gedanken verbinde, ein Kurzvideo dazu erstelle und per QR-Code vor Ort zugänglich mache. Neben den Impulsvideos wird eine eigene Homepage die Möglichkeit eines zweiten Zugangs ermöglichen: Ich kann mich von jeder Stelle eines (Pilger-)wegs dort nach Themen umschauen, die mich gerade bewegen. Auch von zuhause aus ist es möglich, sich einen Videoimpuls anzusehen. 

Kannst du ein Beispiel für einen Impuls nennen?

Ich gehe immer von einem Lebensthema aus. Nehmen wir das Beispiel Dank: In Psalm 107 steht: „Dankt dem Herrn, denn er ist gut. Ja für immer bleibt seine Güte bestehen“. Dazu suche ich mir einen Text aus der Literatur: Robert Reinick (1805-1852) schreibt: “Dank mit dem Mund hat wenig Grund. Im Herzen Dank: ist guter Klang. Dank mit der Tat: das ist mein Rat“. So haben wir das biblische Thema Dank direkt mit einer lebenspraktischen Arbeit verbunden. Auf dem Weg können die Pilgerinnen und Pilger weiter darüber nachsinnen und ihre eigene Position dazu finden.   

Pilgern ist seit über 20 Jahren dein Thema. Mit der Veröffentlichung des Buchs „Ich bin dann mal weg – Meine Reise auf dem Jakobsweg“ von Hape Kerkeling 2006 gewann das Pilgern an Popularität. In der Evangelische Kirche hat Pilgern bisher keine lange Tradition. Warum siehst du das Thema für die evangelische Kirche als wichtig an? 

Martin Luther sagt, wir müssen einen Bibeltext immer wiederkäuen wie eine Kuh. Und genau das passiert beim Pilgern, in dem ich einen Text beim Pilgern immer wieder neu bedenke und mich damit auseinandersetze. „Es kommt niemals ein Pilger nach Hause, ohne ein Vorurteil weniger und eine neue Idee mehr zu haben“ hat der englische Theologe Thomas Morus (1478 – 1535) gesagt. Pilgern bereichert also die eigene Gedankenwelt. Ich treffe Menschen beim Pilgern, die sich bewusst auf den Weg gemacht haben mit der Frage, ob sie sich so Kirche wieder annähern können. Daneben gibt es Pilgerinnen und Pilger, die aus sehr frommen Zusammenhängen kommen. Bei beiden bewegt sich etwas im Prozess des Pilgerns. 

Pilgern scheint „in Mode“ gekommen zu sein. Könntest du etwas zur Entwicklung des Pilgerns sagen? 

Ich denke, dass Pilgern ein spirituelles Grundbedürfnis des Menschen bedient. Schöpfungstheologisch gesehen kommen wir Gott in der Natur nahe. Es gibt in unserer Gesellschaft ein großes Bedürfnis nach Natur und Ursprung. Die Pilgerwege werden voller. Das Pilgern wird immer beliebter. Für Santiago de Compostela, dem Ziel des Jakobswegs in Spanien, lässt sich dies mit einer offiziellen Pilgerstatistik belegen: In 2024 waren es fast 50.000 Pilger, allein auf dem Haupt-Jakobsweg Camino Francés. Dabei sind diejenigen, die sich keine Urkunde abholen, nicht mitgerechnet. Daher möchte ich, ganz im Sinne Jesu Aufforderung, an die Straßen und Zäune zu gehen, unsere Pilgerwege spirituell profilieren. Denn unsere Kirchen werden leerer, die Pilgerwege werden aber voller. Dies drückt ein verändertes Bedürfnis nach Spiritualität und Glauben aus.

Zurück
Erstellungsdatum: 19.08.2025