Monatsspruch April 2025:
„Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete?“
(Lukas 24,32)
Es gibt Momente in unserem Leben, die bleiben uns unvergesslich: Die erste Liebe, der erste Kuss, die Geburt des ersten Kindes …
Überhaupt jedes erste Erlebnis, mit dem sich starke Emotionen verbinden, wird zu einer im wahrsten Sinne eingebrannten Erfahrung. Sie wirkt nach und ist in der Erinnerung abrufbar. Sie macht sich fest an Worten und Bildern, manchmal auch an Liedern oder an bestimmten Orten. Die wirken dann als Erinnerungshelfer. Sie rufen das Erlebte auch nach Jahren noch in uns wach.
Ein „brennendes Herz“ habe ich dann, wenn ich von etwas wirklich ergriffen bin. Das Sprachbild weist weniger auf ein kardiologisches Problem hin. Es ist vielmehr das Gleichnis für einen Zustand größter Aufmerksamkeit und Leidenschaft. Wenn wir davon sprechen, dass jemand für eine Sache brennt, dann meinen wir ihm oder ihr abspüren zu können, dass da mehr wirkt als nur eine nüchterne Pflichterfüllung. Hier ist offensichtlich ein Mensch am Werk, der eine Berufung und eine Mission hat für das, was er tut oder sagt.
„Brannte nicht unser Herz, als er mit uns redete?“ – Diese späte Erkenntnis erfüllt die beiden Jüngergestalten, die am Ostertag in dem Dorf Emmaus eingekehrt sind und einen anstrengenden Weg hinter sich haben. Geflohen waren sie vor dem Grauen des Kreuzestodes Jesu. Sie hatten dem Schrecken buchstäblich den Rücken gekehrt und liefen ihrer Traurigkeit davon. Aber in ihrer Erschütterung konnten sie sich zum Glück gegenseitig stützen und trösten. Sie konnten miteinander reden und sich die Enttäuschung von der Seele laufen. So vertieft im Austausch merkten sie gar nicht, wer sich da auf der Strecke von Jerusalem nach Emmaus zu ihnen gesellte. Der fremde Mitwanderer erwies sich als ein guter Zuhörer und als hilfreicher Wegweiser. Die Gesellschaft mit ihm war ihnen so angenehm, dass sie ihn einluden, am Ziel ihrer Tagesreise bei ihnen zu bleiben und mit ihnen zu Abend zu essen. An der unverwechselbaren Art, wie er das Brot für sie brach, merkten sie schlussendlich, mit wem sie es zu tun hatten: Es war der Auferstandene selbst, der sie unerkannt begleitet hatte. In dem Moment, als ihnen das bewusst wurde, entschwand er allerdings auch schon wieder vor ihren Augen. Festhalten konnten sie ihn nicht - weder den Auferstandenen noch diesen besonderen Moment. Unvergesslich ist er ihnen trotzdem geblieben …
Es gibt Worte, Sätze, Geschichten, die eine solche prägende Wirkung für uns haben. Die besten davon lohnen, von uns ein Leben lang erinnert zu werden. Dazu taugen bestimmt manche Verse aus der Bibel. Und auch die Ostererzählungen aus den Evangelien, die uns die große Geschichte Gottes vom Sieg des Lebens über den Tod vor Augen malen.
Jedes Osterfest, jeder miterlebte Ostergottesdienst will so ein Brennen in uns auslösen. Und sei es nur ein Brennen aus Sehnsucht, die Welt möge durch das österliche Versprechen Gottes eine bessere werden, als sie gerade ist.
„Wer Ostern kennt, kann nicht verzweifeln“, hat der große Theologe Dietrich Bonhoeffer gesagt, an dessen 80. Todestag wir in diesen Tagen denken.
Das lässt sich auch an den beiden Emmausjüngern feststellen. Ihr brennendes Herz wurde zu einer neuerwachten Kraft aus Hoffnung und Zuversicht. Der unvergessliche Moment blieb nicht privat, sondern teilte sich mit. Er wurde zu einer ansteckenden Bewegung, die dazu führte, dass auch andere an ihren Erfahrungen brennend interessiert waren.
Ich wünsche uns allen, dass Ostern auch in uns etwas zum „Brennen“ bringt. Dass der Glaube an die Auferstehung zum Hauptgrund wird, warum wir uns um Gottes Wort sammeln und in seinem Namen Kirche leben wollen.
Ein gesegnetes Osterfest wünscht
André Ost,
Superintendent