Unsere aktuellen Nachrichten auf einen Blick

Migration als Chance – Toleranz als Auftrag - Vortrag im Jakobi-Treff „Kirche und Welt“

„Migration, Integration und Toleranz“ war das Thema im Jakobi-Treff Kirche und Welt im September. Als Referent konnte Karl Wilms Pastor Sepehri Fard vorstellen. Er ist als Pfarrer in der Evangelischen Kirche von Westfalen verantwortlich für die Seelsorge für persische Christen in ganz Nordrhein-Westfalen. Seit Oktober 2020 gibt es die Fachstelle “Seelsorge für persischsprachige Christen” in der Evangelischen Kirche von Westfalen. Ihr Sitz ist im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn.

Die Fachstelle setzt das dreijährige Projekt (2017-2020) „Seelsorge für persischsprachige Christen“ fort. Beteiligte Partner sind die evangelischen Kirchenkreise Soest-Arnsberg, Steinfurt-Coesfeld-Borken, Tecklenburg und Paderborn, das oikos-Institut für Mission und Ökumene der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) und die Landeskirchliche Gemeinschaft Rheine. Finanziert wird die Fachstelle aus Mitteln des Ökumene-Fonds.

Pastor Sepehri Fard war nach Studium von Koran und der Bibel in seiner Heimat Teheran zum Christentum konvertiert und wurde wegen seines Glaubens verfolgt. Um sein Leben zu retten, musste er im Zuge der Iranischen Revolution als Flüchtling seine Heimat verlassen.

Ausgangspunkt seines Vortrages war die Unterscheidung zwischen Nation und Gesellschaft: Nationen sind historisch gewachsene Gemeinschaften, die durch Menschen gebildet werden, die gemeinsame Merkmale wie Sprache, Geschichte, Kultur, Abstammungsmythen, Religion oder gemeinsame Werte haben. Nationen sind eher statisch und durch symbolische oder emotionale Dimension geprägt. Dagegen ist eine Gesellschaft definiert als eine soziale Gesamtheit von Menschen, die in einem bestimmten Gebiet oder System zusammenleben. Gesellschaften sind eher dynamisch, und pluralistisch, sie sind durch soziale Beziehungen, Institutionen und Strukturen gekennzeichnet, nicht primär durch gemeinsame Kultur oder Herkunft.

Wesentliches Element von Gesellschaft, wie wir sie verstehen, sei dabei der Grundsatz der Gleichberechtigung, nicht nur als juristisches Prinzip, sondern auch als moralische Grundlage. Gleichberechtigung bilde das Fundament für Respekt und Miteinander und der Achtung der Würde eines jeden einzelnen. Migration, wie wir sie heute erleben, hat vielfältige Ursachen: Flucht vor Krieg, Armut, Verfolgung und der Suche nach Chancen, Sicherheit, und Zukunft. Sepehri: “Das erfordert klare Regeln für humanitäre Standards, auch in einer offenen Gesellschaft.“  Und weiter: „Die damit einhergehende Integration erfordert wechselseitige Prozesse auf beiden Seiten, insbesondere die Teilhabe an Bildung, Arbeit und Kultur, aber auch Respekt gegenüber Grundwerten wie Würde, Demokratie, und Rechtsstaatlichkeit.“

Pastor Sepehri verschwieg nicht die Herausforderungen: Migration bringt Fragen mit sich, manchmal auch Unsicherheiten, Missverständnisse und Ängste. Doch er betonte, dass diese Spannungen nicht durch Abgrenzung, sondern durch Begegnung überwunden werden können. Dort, wo Menschen miteinander reden, einander zuhören und gemeinsam Wege suchen, entsteht Vertrauen. Das Zusammenleben erfordere Toleranz, die aber nicht grenzenlos sei: Die Grenze sei da gesetzt, wo die Freiheit und Würde des Einzelnen verletzt wird. 

Die Haltung der Kirche ist dabei eindeutig: Geprägt durch das Gebot der Nächstenliebe und den diakonischen Auftrag gelte es, Solidarität mit Schwachen, Bedürftigen und Fremden auszuüben und Integration als gelebte Mitmenschlichkeit zu fördern. Nur so könne eine Gesellschaft entstehen, die von Menschlichkeit, Vielfalt und gegenseitigem Vertrauen geprägt sei. Sepehri schloss mit einem leidenschaftlichen Appell, Migration, Integration und Toleranz nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance zu sehen, geprägt durch Zuhören, Lernen und Respekt. Die zahlreichen Zuhörer stimmten diesem Appell in einer lebhaften Diskussion nur zu. 

Bericht: Karl Wilms.

 

Zurück