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Lust auf Veränderung - Rund 500 Verantwortliche aus ganz Westfalen kamen zum Tag der Presbyterien nach Dortmund

Kirche unterwegs. Kirche in Bewegung. Lust auf Veränderungen. Dies zog sich wie ein roter Faden durch den Tag der Presbyterien in Westfalen. Dazu hatten sich rund 500 Frauen und Männer, die die Geschicke in Kirchengemeinden mitleiten, aus verschiedenen Regionen auf den Weg nach Dortmund gemacht.

Das Tagungsmotto war: “unterwegs … zu einer Kirche, die ihren Auftrag im Hier und Jetzt lebt.“ Dazu gab es mehrere Foren.

Gut gelaunt, mit viel Vorfreude auf die Angebote und unterhaltsam startete der Programmtag. Dafür sorgte die „Ballastwache“, ein kreatives diakonisches Kabaretttrio, das den Teilnehmenden einen roten Teppich vor der St. Reinoldikirche ausrollte und sie mit Musik empfing und dann gleich zum inhaltlichen Auftakt für heitere Stimmung sorgte.

Und das vor einer Menge an Ballast vor Ort: schrumpfende Mitgliederzahlen, marode oder teure Kirchen, die schließen oder umgewidmet werden müssen, knappe Kassen, leere Reihen bei Gottesdiensten, verstaubte Lieder, zu langsame Reformen und, und, und... Die Liste ließe sich weiter ergänzen und die Herausforderungen sind groß. „Aber wir stecken den Kopf nicht in den Sand“, machte die Leiterin des Evangelischen Studienwerkes Villigst, Friederike Faß, gleich zu Beginn klar. „Kirche ist nicht statisch, Kirche ist in Bewegung.“

Es sei auch nicht richtig, dass Menschen keine Kirche wollten, erläuterte Faß anhand von Statistiken. Die Kirche habe jedenfalls das Beste anzubieten, was Menschen bräuchten, nämlich Freiheit und Gnade, sagte die Erziehungswissenschaftlerin. Christinnen und Christen sollten vielmehr von Gottes Liebe, seinem Humor und seiner Barmherzigkeit erzählen, warb die Leiterin des Begabtenförderungswerkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für eine offene Kirche. Auch warb sie dafür, neue Formen auszuprobieren und Gottesdienste außerhalb zu feiern.

Der Tag der Presbyterien zeigte auf, wo Verantwortliche in Gemeinden stehen und handeln müssen: zwischen traditionellen Glaubensformen und digitalen Experimenten, zwischen Sanierungsstau und geistlicher Erneuerung. Mehrere Foren griffen aktuelle Themen und neue Formen auf. Themen waren: Veränderungen planen, Freiräume schaffen und Loslassen üben, Kirche regional denken, gut haushalten, Ehrenamtliche stärken, spirituelle Angebote für Jung und Alt, christliches Yoga für Körper und Glaube, queerfreundliche Gemeinden sein, Gemeindeleben mit Zugewanderten gestalten und interreligiöse Begegnungen, Podcasts und Social Media nutzen. 

Presbyterinnen und Presbyter haben Lust, etwas zu verändern, betonte ebenso die Theologin Jutta Beldermann. Sie berichtete davon, dass Gemeindeverantwortliche derzeit mit großem Interesse daran mitwirkten, die westfälische Kirchenordnung nach mehr als 70 Jahren zu erneuern.

Freiheit sei ein wichtiges Stichwort dabei. Ein Leitungsgremium sollte die Freiheit haben, Dinge zu entscheiden, aber dabei die Verantwortung für die evangelische Ausrichtung zu übernehmen, betonte Baldermann. Wenn eine Gemeinde gegen die geltende Kirchenordnung verstoße, indem sie ihren Gottesdienst etwa in eine Scheune verlegt und dabei der gottesdienstliche Charakter gewahrt bleibe, könne dies nicht so falsch sein. Beldermann war stellvertretende Generalsekretärin bei der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) und zuständig für das Thema Kirchenentwicklung.

Eine große Unzufriedenheit bekam der neue landeskirchliche Finanzchef Dr. Ralf-Henning Krause zu spüren – und er zeigte Verständnis dafür. Wegen fehlender Jahresabschlüsse sei die Lage „unklar und schwammig.“ Der Umgang mit kirchlichen Immobilien sei nicht einfach. Genehmigungsverfahren seien langwierig und „auch kleinteilig angelegt“, gab er offen zu. Beim Verkauf einer Kirche etwa stellten sich viele Fragen für das Presbyterium. Der Oberkirchenrat kündigte eine Immobilienstrategie auf landeskirchlicher Ebene an und sagte. „Wir brauchen mehr Austausch.“

Der Iserlohner Presbyter Jörg Freiburg begrüßte die neue Offenheit, dass künftig kirchliche Gebäude mit externer Unterstützung vermarktet werden können. „Es gibt einen neuen Geist im System, der schlank und unbürokratisch denkt“, sagte der gelernte Kaufmann. Der Gedanke, sich von einer Kirche trennen zu müssen, sorge jedenfalls für „extremen Druck“ bei allen Beteiligten. Bei denkmalgeschützten Kirchen müsse auch mehr mit Kommunen und zuständigen Ämtern diskutiert werden, wie Gebäude künftig genutzt werden sollen. Es fehlten bisher „Gemeindemanager“, damit sich Gemeinden wieder auf ihre Kernaufgabe besinnen könnten.

Auf unterhaltsame Art hatte der Theologieprofessor mit westfälischen Wurzeln, Dr. Thorsten Dietz (Zürich), eine Reihe „Biblische Bilder für Gemeinden heute“ vorgestellt. Er warb dafür, „Bilderstürmer“ für Menschen zu sein: Anderen zu begegnen und Räume zu öffnen. Experimente dürften auch scheitern – damit machte er Mut, Neues zu probieren. Das Christentum sei eine Religion der Nächstenliebe und Hoffnung. „Wir haben Geschichten zu erzählen, die begeistern, Freude machen – sie berichten oft von Vielfalt, Gemeinschaft und Gerechtigkeit.“ Dieses Potenzial könnte in der westfälschen Kirche mehr digital genutzt werden.   

Es lohne sich, „neugierig zu bleiben und Neues zu wagen“, sagte Presbyter Daniel Müllenmeister (60) aus Münster-Nienberge. In seinem Presbyterium ist er ein „alter Hase“, der in seinen vier Amtszeit schon viele Veränderungen erlebt hat. Auch seine Gemeinde werde kleiner, „und doch erreichen wir etwa durch Glaubenskurse, neue Lieder und Gottesdienstformate immer wieder andere Menschen.“

Viele Ideen und neue Impulse für ihre Gemeindearbeit haben Maike Sträter (41) aus Witten und Stephanie Rieke (49) aus Bünde vom Tag der Presbyterien mitgenommen. Beeindruckt waren sie etwa vom Projekt „Kirche kunterbunt“, vom Konzept einer „Vesperkirche“ oder auch von Trauergottesdiensten für verstorbene Kinder wie sie in Löhne angeboten werden. „Der Tag hat uns Anreize für die Jugendarbeit gegeben, wie wir mit Schulen kooperieren können“, sagte Paul Tumbrink (19), der sich wie Justin Anders in einer Kirchengemeinde in Dülmen verantwortlich engagiert.  

Beim Tag der Presbyterien wurde deutlich: Kirche ist unterwegs … sie verändert sich immer wieder. Doch Veränderungen gelingen nur, wenn Menschen mitgenommen werden: das gilt für Seniorenkreise, die sich klassische Gottesdienste und Predigten wünschen bis zu Jugendgruppen, die Andachten und spirituelle Angebote über Social Media-Plattformen ausprobieren.

„Wir sind unterwegs mit Gott und miteinander. Kreativ, mutig und geleitet von Gott“, sagte der Theologische Vizepräsident Ulf Schlüter im Abschlussgottesdienst. Und er fügte hinzu: „Wo wir es noch nicht sind, wollen wir es werden.

Text: Stabsstelle Kommunikation der EKvW.

 

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