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Impulse Dietrich Bonhoeffers für ein widerständiges Gottvertrauen - Vortrag und Gespräch mit Anne und Nikolaus Schneider

Im Rahmen der Tecklenburger Gespräche – einer ökumenischen Vortragsreihe der katholischen und evangelischen Kirchengemeinde der Stadt - waren am 21. November 2024 Anne und Nikolaus Schneider in der Evangelischen Stadtkirche zu Gast.

Unter dem Thema „Wer ist Jesus Christus für uns heute?“ brachten sie den zahlreichen Besuchern „Impulse Dietrich Bonhoeffers für ein widerständiges Gottvertrauen“ nahe. Ulrike Lausberg stellte in ihrer Begrüßungsansprache die Redner vor. 

Nikolaus Schneider war von 2003 bis 2013 Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und in den Jahren 2010 bis 2014 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche von Deutschland (EKD). Gemeinsam mit seiner Ehefrau Anne, Theologin und Religionslehrerin, vertrete er eine kontextuelle Theologie, so Ulrike Lausberg. Die Organistin und Musiklehrerin am Graf-Adolf-Gymnasium Tecklenburg ergänzte die Ausführungen der Sprecher mit musikalischen Inspirationen an der Alfred-Führer-Orgel. Als Einstimmung erklangen Aria und Variationen über das Lied “Jesu, du bist allzu schöne“ des Barockkomponisten Georg Böhm. Zudem hatte die Musikerin das Stück „The Heart of Peace“ des Norwegers Mons Leidvin Takle sowie von Karl-Peter Chilla die Choralbearbeitung „Verleih uns Frieden gnädiglich“ ausgewählt. Beide Komponisten wurden in den 1940er Jahren geboren. 

„Wie können wir Menschen in den immer neuen Krisen auf Gottes Lebensmacht und Liebe vertrauen?“ lautete die Kernfrage des ersten Teils des Abends. Sie habe ihn und seine Frau ein Leben lang begleitet, theologisch wie persönlich, erklärte Nikolaus Schneider. Persönliche Schicksale, wie der Tod ihrer Tochter Meike im Alter von 22 Jahren an Leukämie, eigene schwere Krankheiten aber auch Nachrichten von Naturkatastrophen, Klimawandel, Kriegen, Flüchtlingselend, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus hätten sie manchmal verunsichert und ihr Gottvertrauen angefochten, gab Anne Schneider zu. Angesichts der zahlreichen Kirchenaustritte fragte sie: „Ist vielleicht die Zeit der institutionellen Kirchen vorüber?“.

Es gebe keine allgemeingültigen Antworten, betonten die Vortragenden. Biblische Texte könnten Kraft- und Inspirationsquellen sein, ebenso wie Impulse von Dietrich Bonhoeffer. Er wurde ihnen zu einem Weggefährten. In seinen Briefen aus dem Gefängnis Tegel setzte sich der streitbare Theologe mit der zunehmenden Religionslosigkeit der Menschen seiner Zeit auseinander und plädierte dafür, Christus in das Alltagsleben der Menschen zu integrieren. Der Titel des zweiten Impulses lautete „Die Zumutung: Vor und mit Gott leben ohne Gott“. Darin gingen die Sprecher auf Bonhoeffers Aussage ein, dass Gott ohnmächtig und schwach sei und den Menschen gerade auf diese Weise helfe. 

Nicht nur beim Krebstod ihrer Tochter, sondern auch angesichts des aktuellen politischen Weltgeschehens könne sie immer weniger an direktes machtvolles Eingreifen Gottes in das irdische Leben glauben, so Anne Schneider. Der Ruf „Warum lässt Gott so viel unverschuldetes Leid zu?“ erschallte schon in der Bibel. Die Verse Bonhoeffers „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ gaben der Familie Trost, denn persönlicher Glaube sei mehr als abstrakte theologische Theorien, stellten die Redner in ihren berührenden Gesprächsimpulsen fest. 

Die Zuhörer griffen die Gedanken auf und erzählten von persönlichen Erfahrungen, lebendigen Gottesbeziehungen, Widersprüchen und dem Beten für andere. Pfarrer Günter Witthake von der Katholischen Kirchengemeinde Seliger Niels Stensen dankte für den anregenden Abend. „Es tut gut zu wissen, dass viele Menschen Krisen überstehen“, sagte er. Mit dem gemeinsamen Gesang des Liedes Von guten Mächten treu und still umgeben, endete das letzte „Tecklenburger Gespräch“ des Jahres 2024. Die Reihe wird am 15.Januar 2025 um 19.30 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus mit einem Vortrag von Ruprecht Polenz zum Thema „Tu was. Kurze Anleitung zur Verteidigung der Demokratie“ fortgesetzt. 

Dietrich Bonhoeffer wurde auf Befehl Adolf Hitlers am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg mit weiteren Beteiligten am militärischen Widerstand gegen das Naziregime durch Erhängen hingerichtet. Er wurde 39 Jahre alt.

Bericht: Brigitte Striehn.

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