In Ibbenbüren hatte ein ökumenisches Organisationsteam aus Aktiven in der Flüchtlingsarbeit und Parteimitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen sowie der CDU am 3. November 2025 zu einer Podiumsdiskussion unter dem Thema „Integration und Fachkräftegewinnung neu denken“ eingeladen. Ziel war es, eine Plattform für die Suche nach Lösungen zu bieten.
Im vollbesetzten Gemeindehaus „blick.punkt“ der evangelischen Kirchengemeinde begrüßte Moderatorin Barbara Kurlemann die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, Josefine Paul und Stefan Kulozik, Leiter der Abteilung Arbeit und Qualifizierung im NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Sie diskutierten mit Vertretern der Region, die in diesen Geschäftsfeldern über große Erfahrungen verfügen. Hermann Berentelg, Geschäftsführer der ABC-Klinkergruppe, Recke, Frank Tischner, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt/ Warendorf, Philipp Meck, Berater in der Integrationsagentur im Begegnungszentrum Ibbenbüren sowie Kushtrim Qoraj, Diplom-Pflegefachwirt am Klinikum Ibbenbüren und ehrenamtlich aktiv in der Integrationsarbeit, beleuchteten das Thema aus ihrer Sicht.
Die Leitfrage „Wie erleben Sie in Ihrem Verantwortungsbereich die aktuelle Situation bezüglich Fachkräftemangel und Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt“ wurde teils kontrovers beantwortet. „Wir müssen stärker auf die vorhandenen Kompetenzen der Ankommenden schauen“ stellte Paul fest. Für Kulozik ist das Zusammenbringen von Mensch und Arbeit die „Königsdisziplin“ der Politik. Tischner sah keinen Mangel, sondern einen Fachkräftebedarf. „Aber wir sind kein Willkommensland“, hob er hervor. In seiner Firma seien Mitarbeiter aus 30 Nationen beschäftigt, erklärte Berentelg. Der Schlüssel für deren Integration sei die Sprache. Dies bestätigte Qoraj, der als kleiner Junge in den 1980er Jahren aus dem Kosovo nach Deutschland kam. Der Zugang zum Arbeitsmarkt sei mitunter schwierig, stellt Meck in seiner Tätigkeit immer wieder fest. Dass die Integration Geld kostet, verhehlte niemand auf dem Podium.
Vertieft wurden politische und gesetzliche Rahmenbedingungen, Potenziale des Einsatzes von Geflüchteten als Arbeitskräfte und die Bedeutung des Spracherwerbs. Das Kommunale Integrationsmanagement unterstütze Städte und Kreise in NRW dabei, Angebote für zugewanderte Menschen besser zu vernetzen, so Paul. Was dafür vor Ort benötigt wird, wie Abschiebungen aus einem festen Arbeitsverhältnis verhindert werden können, warum Bürokratieabbau so wichtig ist, dass ohne Ehrenamt nichts geht und woher das Geld kommen soll – dazu gab es Meinungsverschiedenheiten. Vieles sei seit langem bekannt, doch es ändere sich nichts, sagten einige Teilnehmer. Wenn es jedoch gelinge, sei es ein Gewinn für alle.
Dass die Themen zahlreichen Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen unter den Nägeln brennen, zeigte sich in der lebhaften Fragerunde. Bürgermeister Dr. Marc Schrameyer verwies empört auf Mittelkürzungen auf kommunaler Ebene genau in diesem Bereich. Es wurden Forderungen nach ausreichender Finanzierung durch Land und Bund, schnellerer Erteilung von Arbeitserlaubnissen, Anerkennung von Berufs- oder Universitätsabschlüssen, Schulpflicht für Kinder in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen, gezielten Angeboten für Frauen oder flächendeckenden Potenzialanalysen gestellt. Hier lebende Migranten der zweiten Generation zu unterstützen, sei besser, als Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben, sagte eine Teilnehmerin aus dem Iran.
Das biblische Menschenbild stelle alle Menschen gleich, die Kirche müsse auch Schwächeren eine Chance geben, betonte Pfarrer i. R. Reiner Ströver. „Wir müssen die Willkommenskultur wieder einführen, um Personal für Kindergärten und Pflegeeinrichtungen zu gewinnen“, sagte er. Die Belebung durch andere Kulturen sei ein wichtiger Faktor, erklärte auch Martin Thalmann, Pfarrer in der Freien Christengemeinde. Die Kirchen seien für die Politik ein wichtiger Ansprechpartner, bekräftigte die Ministerin. Am Ende der Diskussion blieben viele Fragen als Anregungen für die weitere Arbeit offen.
Bericht: Brigitte Striehn.