Dieses Profil sei bis heute sichtbar und spürbar geblieben, auch wenn sich in der Trägerstruktur in den vergangenen Jahren einiges verändert habe. „Es lohnt einen Blick in die Chronik der Gemeinde, wenn man den Geist der Gründerzeit erfassen will. Die Not nach Kriegsende war groß, die Herausforderungen immens“, berichtete er.
Die Chronik von Christiane Joos-Koch, die zum 150-jährigen Bestehen der Jakobi-Gemeinde im Jahr 1988 erschienen ist, berichte in eindrücklicher Weise davon, wie schnell man damals bemüht war, das Gemeindeleben wieder ins Laufen zu bringen. Gottesdienste zuerst im alten Gemeindehaus, dann in der Notkirche einer alten Turnhalle, konnten die wachsende Zahl der Gemeindeglieder nicht mehr aufnehmen, sodass mit aller Kraft nach Lösungen für den Wiederaufbau der Kirche gesucht wurde. Die Kirche jener Zeit habe sich nicht nur als Kirche des Wortes verstanden, sie sei auch eine Kirche der Taten gewesen, die sich von den sozialen Problemen der Zeit rufen und herausfordern ließ. So wie es im Buch des Propheten Jesaja stehe (Jes. 58,10): „Nimm dich des Hungrigen an und mache den Notleidenden satt“, unterstrich der Superintendent. Die Jakobi-Gemeinde habe nicht nur an den räumlichen Wiederaufbau der Kirche gedacht, sondern sich diakonisch ausgerichtet, die alte Villa Jackson als Altenheim mit zeitweise bis zu 100 zu betreuenden Personen genutzt und in der Kaiserallee die Fabrikantenvilla Stoeveken übernommen, um den großen Hilfebedarf zu decken. Im April 1949 wurde das Jakobi-Krankenhaus eröffnet.
Den Geist der Gemeinde erfasse ein Brief von Pfarrer Johannes Mantz aus dem Oktober 1949: „Mir ist es unbegreiflich, dass es heute Kirchengemeinden gibt, die sich gewaltige Glocken anschaffen, wo die Wohnungsnot der Menschen zum Himmel schreit. Mit jetzt angeschafften Glocken Gott loben und gleichzeitig die Arme im Elend lassen, ist kein christlicher Gottesdienst, auch wenn noch so schöne Worte dazu gesprochen werden. Wir jedenfalls wollen erst Wohnungen bauen, bevor wir neue Glocken anschaffen“. Auch wenn in den späteren Jahrzehnten des Wohlstands sicher einiges von dem Ursprungselan verloren gegangen sei, habe sich das Bewusstsein, diakonische Gemeinde bleiben zu wollen, in der Jakobi-Gemeinde erhalten, betonte der Superintendent. Die wachsenden Institutionen in Kranken- und Altenpflege zu begleiten, sei eine anspruchsvolle Aufgabe gewesen. Sie seien vor 20 Jahren übertragen worden: das Krankenhaus durch Zustiftung zur Mathias-Stiftung und das Seniorenzentrum in der neuen Trägerstruktur einer Gesellschaft der Perthes-Stiftung. Beide Einrichtungen seien dadurch zwar in andere Verantwortung gegeben, aber die Gemeinde sei nach wie vor beteiligt an der weiteren Entwicklung „ihrer beiden Kinder“. Sie habe sie buchstäblich in Sichtweite, berichtete André Ost.
Zum Ende des Gottesdienstes, der von Pfarrerin Britta Meyhoff mit Mitarbeiterinnen des Jakobi-Seniorenzentrums gestaltet wurde, schlossen sich Grußworte von Silke Beernink, Geschäftsführerin des Jakobi-Seniorenzentrums, Michael Wermker, Vorstand der Ev. Perthes-Stiftung e.V., Fabian Lenz, stellvertretender Bürgermeister der Stadt Rheine, und Pfarrer Jürgen Rick an. Zahlreiche Besucher nahmen die Gelegenheit zum gemeinsamen Mittagstisch und zur Besichtigung des durch umfangreiche Baumaßnahmen modernisierten Jakobi-Seniorenzentrums gerne wahr.
Bericht: Wolfgang Schütz