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Die Transformation jetzt gestalten – Wie sich der Kirchenkreis Tecklenburg auf die Zukunft vorbereitet – Superintendent André Ost referiert in Westerkappeln

„Wir sollten im Blick auf die Zukunft der Kirche keine Angst vor Veränderungen haben und müssen die notwendige Transformation jetzt gestalten“ betonte Superintendent André Ost in seinem Vortrag am 30. Oktober im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Westerkappeln.

Er referierte zum Thema: „Kirche im nächsten Jahrzehnt – Wie sich der Kirchenkreis Tecklenburg auf die Zukunft vorbereitet“. Der Vortrag ist Teil der Veranstaltungsreihe „Kirche im 21. Jahrhundert“ der Ev. Erwachsenenbildung. „Nach dem ersten Vortragsabend mit dem Journalisten und Autor Tobias Harberl geht es heute um harte Fakten und die Frage, vor welchen Herausforderungen der Kirchenkreis Tecklenburg steht“, eröffnete Pfarrerin Adelheid Zuehlsdorf-Maeder den Abend. „Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam über Chancen und Visionen nachdenken“. 

„Die schwindende Mitgliederzahl, die abnehmende Finanzkraft, weniger hauptamtliches Personal und die zurückgehende Relevanz des Christlichen in der Gesellschaft sind die größten Herausforderungen für unsere Kirche“, so Superintendent André Ost. Den Ergebnissen der sog. „Freiburger Studie“ des Forschungszentrums Generationenverträge der Universität Freiburg sei zu entnehmen, dass der Mitgliederrückgang nicht nur auf demografischen Faktoren basiere, sondern in zunehmendem Maße durch das Tauf-, Austritts- und Aufnahmeverhalten beeinflusst sei. Mittlerweile sei davon auszugehen, dass die ursprüngliche Prognose der „Freiburger Studie“, wonach bis 2060 mit einer Halbierung der Mitgliederzahl und der Finanzkraft in der Kirche zu rechnen sei, bereits in der 2040er-Jahren erreicht werde. Der Religionssoziologe Detlef Pollack (Universität Münster) interpretiert die kirchliche Situation so: „Die Religion erfährt derzeit einen dramatischen, historisch beispiellosen Bedeutungsrückgang. Inzwischen ist Säkularisierung unübersehbar zum zentralen Trend geworden.“

„Während im Jahr 1990 noch 36,9 % der Bevölkerung der Evangelischen Kirche und 35,4 % der Katholischen Kirche angehörten, gab es 2024 nur noch 21,5 % evangelische Gläubige und 23,7% Katholiken“, berichtete André Ost. Das seien inzwischen nur noch 45,2 % der Gesamtbevölkerung. "Im Jahr 2024 sind 666.611 Kirchenaustritte in Deutschland zu verzeichnen gewesen“, informierte er. Im Rahmen der 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung haben 65 % der Befragten angegeben, dass sie schon einmal über einen Kirchenaustritt nachgedacht hätten. „Das war bei der letzten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung vor 10 Jahren noch ganz anders“, so Ost. Auch im Kirchenkreis Tecklenburg seien die Gemeindegliederzahlen rückläufig. Aktuell liege der jährliche Gemeindegliederverlust bei 2,4 %. Zusätzlich verschärft werde die Situation durch das Personalproblem im Bereich der Hauptamtlichen. Bis 2032 würden im Kirchenkreis 22 von 32 Pfarrerpersonen in den Ruhestand gehen. Durch den theologischen Nachwuchs seien diese Abgänge nicht auszugleichen. Auch die Anzahl der Theologiestudierenden gehe zurück. 

Mit einer Zukunftswerkstatt versucht der Kirchenkreis, sich auf die künftigen Veränderungen einzustellen. „Damit wollen wir Klarheit über die weitere Entwicklung bis in die 2030er Jahre gewinnen“, berichtet André Ost. Die Regionalisierung solle gestärkt werden. Die Gemeinden arbeiten mittlerweile in vier kreiskirchlichen Regionen zusammen. Dabei gelten die Kooperationsräume als Personal-Planungsraum und als Ebene der Verständigung zur gegenseitigen Entlastung. Mit der Entwicklung von Interprofessionelle Pastoralteams (IPT) würden pastorale Aufgaben künftig verstärkt im multiprofessionellen Miteinander wahrgenommen. 

Eine digitale Umfeldanalyse im Rahmen der Zukunftswerkstatt habe gezeigt, dass sich die Tecklenburger Kirchenmitglieder wünschen, dass in den nächsten zehn Jahren Geld hauptsächlich für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die Kindertagesstätten und die Diakonie investiert wird. Auch für die Kirchenmusik, die Arbeit der Jugendbildungsstätte Tecklenburg und Gottesdienste sei es wichtig, Geld einzusetzen. Attraktiv ist die Kirche für die Befragten dann, wenn sie Gemeinschaft und Zugehörigkeit fördert, Angebote für Kinder und Jugendliche bereithält, soziales Engagement fördert, Musik- und Kulturveranstaltungen anbietet und Glaubwürdigkeit ausstrahlt. Der Kreissynodalvorstand ist gerade dabei, eine synodale Umfrage zur Zukunft der kreiskirchlichen Arbeitsfelder auszuwerten. „Die Ergebnisse werden am 5. November im Rahmen einer Synodalversammlung präsentiert und zur Diskussion gestellt“, berichtete Ost. Für die Zukunft werde es immer bedeutsamer, neben der Kirchensteuer das Fundraising und die Vermögenserträge auszubauen. Aus seiner Sicht müsse die Ortsgemeinde entlastet werden, insbesondere auch von den eigenen Ansprüchen. Über die sinnvolle Anzahl an Körperschaften müsse nachgedacht werden. Das Pfarrbild werde sich wandeln und das Ehrenamt müsse gestärkt werden. Bezüglich der Gebäudenutzung meint der Superintendent: „Wir denken hier noch zu wenig ökumenisch.“ Im Umfeld des örtlichen Sozialraums seien vielfältige Kooperationen mit der katholischen Kirche möglich. Sein Fazit: „Wir müssen besser erklären, warum kirchliche Arbeit ohne individuelle Mitgliedschaft nicht möglich ist.“ Kirche vermittele die „Zugehörigkeit zum Wurzelgrund des Lebens“, der Glaube schenke Lebenssinn durch Gottes- und Nächstenliebe. Mit ihren Impulsen habe die Kirche einer verunsicherten Gesellschaft immer noch viel zu geben. 

In der anschließenden Diskussion befassten sich die Teilnehmenden mit der Frage, wie sich Kirchengemeinden künftig gegenseitig entlasten und Aufgaben besser verteilt werden können. Hierbei spielte vor allem die Frage eine Rolle, ob der Status einer Kirchengemeinde als Körperschaft öffentlichen Rechts künftig eher auf einer gemeinsamen regionalen Ebene angesiedelt sein sollte. Ein Teilnehmer meinte: „Die Doppelstrukturen der Kirche müssen reduziert werden.“ 

„Es ist wichtig, über das Thema dieses Abends zu informieren, um Auskunft geben zu können und den Wandel zu gestalten“, so Adelheid-Zuehlsdorf-Maeder abschließend. In der nächsten Veranstaltung der Vortragsreihe, am 13. November um 19 Uhr, präsentiert der Pastor und Blogger Jonas Goebel im Dietrich Bonhoeffer-Haus „Kostproben aus der Jesus-WG“. 

Bericht: Christine Fernkorn

 

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