Andreas Finke ist Synodalbeauftragter für Polizeiseelsorge. Außerdem ist er als Notfallseelsorger aktiv. Am 30. Juni hält er als Synodalprediger in der Kreissynode in Lengerich die Andacht. Öffentlichkeitsreferentin Christine Fernkorn interviewte ihn:
Können Sie einige wichtige Stationen Ihres beruflichen Werdegangs und Ihrer Arbeit nennen?
Nach Kindheit und Jugend im ostwestfälischen Paderborn war der Studienbeginn Ende der 70er Jahre in Berlin eine absolute Horizont-Erweiterung. Zu nennen wären Großstadtatmosphäre, ganz andere kirchliche Verhältnisse, politische Brisanz der geteilten Stadt. Berlin hatte damals schon ein öffentliches Nahverkehrsnetz, von dem wir in unserer Region heute noch träumen. Berlin hatte damals schon Kirchengebäude, die anders genutzt wurden.
Das Vikariat in Westerkappeln wurde zum Beginn einer wunderbaren Freundschaft mit dem Tecklenburger Land. Und der Hilfsdienst (so hieß die Probezeit im Pfarrberuf damals noch) in Neuenkirchen am anderen Ende des Kirchenkreises katapultierte mich wieder in eine extreme Diaspora-Situation zurück. Dass ich danach für den Rest meiner Berufszeit in Ibbenbüren gelandet bin, habe ich nie bereut. Ich sollte aber auch meinen Studentenjob in einer bekannten Münsteraner Gaststätte erwähnen. Die Arbeit hinter der Theke war ein Seelsorge-Praktikum, das mich bis heute geprägt hat.
Was macht für Sie im Rückblick auf diese lange Ära den besonderen Reiz des Berufs als Pfarrer aus?
Das ist zum einen die Freiheit, den beruflichen Alltag selbst strukturieren zu können. Da ist der ständige Kontakt zu Menschen. Da sind die ständig wechselnden Lebenssituationen, die Pfarrer*innen begegnen. Da ist die Möglichkeit, Meinung zu äußern und anderen damit zu denken zu geben, vielleicht sogar Einfluss auszuüben. Und immer wieder gibt es Gelegenheit, Menschen auf einem Stück ihres Lebensweges hilfreich zu begleiten.
Welche Themen haben Sie in der Arbeit als Pastor besonders geprägt und berührt?
Zum einen Seelsorge, ganz klar. Bei den Menschen zu sein und mit ihnen auszuhalten, was gerade geschieht. In Freud (Taufe, Hochzeit usw.) und Leid (Tod, Unglück …).
Darüber hinaus sind mir Predigt und Gottesdienstgestaltung wichtig, das gesprochene oder geschriebene Wort. Eine Schauspielerin und Journalisten gehörten da zu meinen wichtigsten Lehrer*innen. Kollege Luther empfahl, dem Volk aufs Maul zu schauen. Wer auf dem Land die Menschen erreichen will, muss auch ihre Sprache sprechen.
Schließlich habe ich es immer für nötig gehalten, die wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht aus den Augen zu verlieren. Kirchengemeinden sind unter anderem auch Betriebe, die nach kaufmännischen Gesichtspunkten geführt werden müssen. Ich habe das Gefühl, dass dies vielen Leitungsgremien viel zu spät bewusst geworden ist.
Was ist aus Ihrer Sicht für die Christinnen und Christen in der heutigen Zeit wichtig?
Vor allem ist wichtig, nicht die Zuversicht zu verlieren. Es ändern sich viele Dinge, die gefühlt ein Leben lang feststanden. Tatsächlich war Kirche immer im Wandel, aber der Wandel braucht Jahrzehnte. Im Augenblick bewegt sich sehr viel sehr schnell. Die Menschen brauchen das kräftige Gottvertrauen, dass auch unter veränderten Bedingungen Gemeinde lebendig sein wird. Vielleicht wachen sogar einige auf und entdecken in den Gemeinden ganz neue Möglichkeiten. Das biblische Motto meines Abschiedsgottesdienstes lautet: „Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf“.
Was planen Sie im Ruhestand? Werden Sie eventuell das ein oder andere Hobby ausbauen?
Noch sind die Pläne diffus. Erst mal sehen, wie gut mir das süße Nichtstun gefallen wird. Aber ich ahne schon, dass die Zeiten gar nicht so faul werden. Ich bin Opa, ich werde weiter Notfallseelsorger sein und die Kreissynode hat mir dazu noch die Polizeiseelsorge im Ehrenamt anvertraut.