Dabei waren die Besucher eingeladen, sich entweder allein, im Rahmen einer Führung oder gemeinsam bei einem ökumenischen Gottesdienst mit anschließendem Artist Talk die verschiedenen Arbeiten zu erschließen.
Es ist mittlerweile eine schöne Tradition, dass inmitten der Installationen gemeinsam mit Pfarrer apl. Prof. Dr. Norbert Ammermann, dem Kulturbeauftragten des Evangelischen Kirchenkreises Tecklenburg, sowie Christoph Moormann, Pastoralreferent und Seelsorger der Katholischen Kirche im Bistum Münster, ein Gottesdienst mit Kunstbezug gefeiert wird. Ebenfalls wieder mit dabei: Ulrike Lausberg, die am Flügel für die musikalische Ausgestaltung sorgte.
Schon während des Gottesdienstes wurde die Bandbreite klar, mit der sich die Arbeiten des Osnabrücker Künstlers Tim Roßberg interpretieren lassen: Die Hauptinstallation („Entglitten“) im Großen Saal – ein Diptychon in Form eines aufgeschlagenen Buches – bietet die Projektionsfläche für eine audiovisuelle Videoinstallation. Ganz in Schwarzweiß gehalten, beschränkt sie sich auf zumeist geometrische Formen, unterbrochen von Binärcodebildern. Den beiden Theologen kam bei der Besichtigung der Installation die Schöpfungsgeschichte in den Sinn, die sie parallel zum Durchlauf des Videos lasen – ein Vorhaben, das erstaunlich gut harmonierte und auch vom Künstler selbst positiv und als sehr passend wahrgenommen wurde, obwohl er ein solches Zusammenspiel gar nicht geplant hatte.
Vielleicht lag dies an der offenen Form, die Roßbergs Arbeiten innewohnt: Es sei ein „Angebot an die Sinne“, beschreibt der Künstler seine Werke; er wolle „etwas ausdrücken, ohne eine Geschichte zu erzählen.“ Dabei gehe er einen radikalen Schritt bei der Ästhetik, konzentriere sich auf Schwarz und Weiß als maximale Kontraste. „Bei mir sind die Linien die Linien und stehen für nichts Anderes“, erklärt Roßberg, der seine Videoinstallationen mit einer soundakkustischen Schöpfung beginnt und nach deren Taktung die Bilder entwickelt. Dabei lässt die Ausstellung viel Spielraum für alle möglichen Interpretationen – und Gefühle.
Im Gespräch mit den Besuchern – das sei ein ganz wichtiger Aspekt des „Artist Talk“, betont WDR-Kulturjournalist Jörg Biesler – wurde klar, wie unterschiedlich die einzelnen Menschen auf die verschiedenen Installationen reagieren: Eine Besucherin erzählte, beim Betrachten einer Installation sei ihr aufgrund der schnellen Bildabfolge schlecht geworden, eine andere berichtete von aggressiven Gefühlen, Norbert Ammermann bemerkte in einem Teil der Videosequenz einen „Star-Trek-Effekt“. Im Gespräch mit dem Künstler relativierte sich jedoch so mancher negative erste Eindruck – vielleicht auch ein Hinweis darauf, dass man sich einlassen muss auf die recht unterschiedlichen Arbeiten Tim Roßbergs: Neben Videoinstallationen gibt es in den Nebenräumen und auch draußen auf der Nordseite des Klosters weitere Werke, die statisch sind und sich eher auf die Verbindung von Licht und Raum konzentrieren. Dazu hat der Künstler ein kaltweißes Licht in Röhren- bzw. Schlauchform gewählt, um auch hier einen größtmöglichen Kontrast zu schaffen: „Ich glaube, das ist etwas ganz Exklusives, wenn man mit einem Gefühl einen Kunstraum verlässt“, beschreibt Roßberg den Effekt, den seine sehr kraftvollen Lichtinstallationen beim Betrachter auslösen.
Eigentlich sollte Tim Roßberg bereits im Jahr 2008 als Lichtkünstler das „Winterlicht“ im Kloster Gravenhorst gestalten, doch musste die Ausstellung damals coronabedingt ausfallen. Dafür wurde sie diesmal noch um ein neues Kunstwerk auf dem Außengelände ergänzt und kann – zusammen mit den Innenrauminstallationen – bis einschließlich 23. Februar (Finissage mit Führung und Künstlergespräch, Tim Roßberg und DA-Leiterin Sara Dietrich) besichtigt werden.
Bericht: Claudia Ludewig.
Eine Bildstrecke zur Ausstellung finden Sie hier: Bildstrecken:: kkte