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Die Geschichte einer tollen Erfindung – Recherche war Sandra Lüpkes bei ihrem Roman „Das Licht im Rücken“ sehr wichtig

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie eine Fotokamera eigentlich funktioniert? Und wie es eigentlich kam, dass vor rund 100 Jahren kleine, handliche Kameras die bis dahin große und unpraktische Plattentechnik ablösten? Dieser Frage geht Sandra Lüpkes in ihrem neuen Buch „Das Licht im Rücken“ nach, welches sie am 7. Juni in einer Lesung im Bonhoeffer-Haus in Westerkappeln vorstellte.

Zu der Kulturveranstaltung eingeladen hatten die evangelische Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Tecklenburg in Kooperation mit der Kirchengemeinde Westerkappeln.

„Das Licht im Rücken“ ist allerdings kein Sachbuch, vielmehr ein Roman, der geschickt historische Personen und Ereignisse in eine spannende Geschichte einbindet. Die Handlung dreht sich um die erste Kleinbildkamera – nämlich die „Leica“ -, ihren Entwickler, die Familie Leitz („Leica“ ist schlichtweg die Abkürzung für „Leitz-Camera“) sowie eine mit ihr verbundene, allerdings historisch nicht ganz korrekt dargestellte, Familie. Letzteres sei ein von ihr vorgenommener Kunstgriff, erläutert Sandra Lüpkes an diesem Abend, denn es gebe eine derartige Vielzahl an wichtigen Personen, dass sie – um den Lesenden den Überblick zu erleichtern – diese in einer Familie zusammengefasst habe.

Drei Jahre lang dauerte die Arbeit an diesem zweiten Buch nach „Die Schule am Meer“, wobei die ausführliche Recherchearbeit etwa zwei Drittel der Zeit ausmachte. Recherche, das war und ist Sandra Lüpkes ganz wichtig, und so stieß sie bereits bei ihrem ersten Roman auf den Namen Elsie Leitz – und eine vielversprechende Geschichte, die, so beschloss Lüpkes, es wert war, ebenfalls erzählt zu werden. Denn Elsie Leitz, die Tochter von Firmengründersohn Ernst Leitz II., besuchte nicht nur jenes Internat, sondern begann auch eine Affäre mit dem Internatsleiter – und dessen umfangreicher Briefschatz aus der Feder von Elsie Leitz gab reichlich Aufschluss über einige wohlgehütete Geheimnisse innerhalb der Familie Leitz.

Doch es geht in dem Roman vor allen Dingen auch um die Entwicklung und den späten Siegeszug der ersten Kleinbildkamera – und dafür musste sich Sandra Lüpkes, die, wie sie sagt, sich nie besonders fürs Fotografieren interessiert habe, dann doch tiefer in die Materie der Kamera- und Bildtechnik eintauchen. Dabei erlag sie der Magie der frühen Kleinbildfotos, die ein lebendiges Bild der Zeit Mitte der 1920er-Jahre zeichnen: „Das liebe ich an diesen alten Bildern. Man ist irgendwie in einer kleinen Zeitmaschine“, sagt sie. 

Und diese Reise mit der Zeitmaschine ist untrennbar mit dem Namen Oskar Barnack verbunden. Dieser machte zunächst eine Feinmechanikerlehre und arbeitete dann unter Anderem bei Zeiss in Jena, wo er erstmals in Kontakt mit Kameratechnik kam. Nach einem Jahr wechselte er nach Wetzlar zu Leitz und begann – nachdem er die großen Plattenkameras als untauglich für viele Arten der Fotografie eingestuft hatte – nach einer Alternative für die alte Technik zu suchen. Anregungen gaben ihm hier die Filmkameras: Deren Filmmaterial lieferte sozusagen die „Software“, die „Hardware“, ein kleines, handliches Gehäuse, bei dem der Film anfangs noch von der Unterseite aus eingelegt werden musste. Das Gehäuse wurde von Oskar Barnack in seiner Heimwerkstatt entwickelt und gebaut. So entstand 1914 der Prototyp, die „Liliput“-Kamera. Aber der Erste Weltkrieg erforderte zunächst einmal die Produktion kriegswichtiger Produkte. Barnack nutzte die Zeit, um seine Kamera weiterzuentwickeln, scheiterte aber mit der Patentanmeldung. 

Erst 1923 wurde die „Ur-Leica“ dann zum Patent angemeldet und von Ernst Leitz II. in einer Minireihe von 25 Stück gefertigt. Diese ersten Probekameras begleiteten Freunde der Familie auf Reisen durch die ganze Welt – und wurden anschließend wieder eingesammelt, damit die Ergebnisse ausgewertet werden konnten. Die Fotos begeisterten, und doch erschien der Firmenleitung das Risiko nach der gerade erst überstandenen Inflation zu groß. Ernst Leitz II. sprach schließlich ein Machtwort – „es wird riskiert“ – und startete die Produktion, die (nicht zuletzt durch begeisterte Fotojournalisten, welche die Möglichkeiten der neuen Kamera sehr schnell erkannt hatten) der Firma Leitz und der Kleinbildfotografie insgesamt zum Durchbruch verhalf.

Mit großer Spannung verfolgten die rund 30 Lesungsbesucher den Vortrag von Sandra Lüpkes, auch wenn dieser weniger aus einer Lesung, als vielmehr zu großen Teilen aus einer detaillierten Schilderung der Recherchearbeit bestand. Die Begeisterung der Autorin für ihr Thema brachte sie zum Schluss noch einmal auf den Punkt: „Es ist eigentlich die Geschichte einer tollen Erfindung.“

Text: Claudia Ludewig

 

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