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Die christlichen Stimmen für den Frieden - Zum Jahrestag des Angriffskrieges auf die Ukraine

Zum Jahrestag des Angriffskriegs auf die Ukraine, dem 24. Februar, äußert sich Pfarrer i.R. Detlef Salomo, der Friedensbeauftragte des Ev. Kirchenkreises Tecklenburg, wie folgt:

Der 24. Februar 2022 wird in die Geschichtsbücher eingehen: Es beginnt mit dem Überfall der russischen Armee auf die Ukraine ein Krieg in Europa, den so niemand mehr für möglich gehalten hätte – nach den Katastrophen des vergangenen Jahrhunderts.

„Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!“

Noch unter dem unmittelbaren Eindruck des 2. Weltkrieges und des millionenfachen Leids, erklärte 1948 die Vollversammlung des Weltkirchenrates – heute Ökumenischer Rat der Kirchen – während ihrer Gründung in Amsterdam: „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!“ Diese Ächtung des Krieges ist heute eine unumstößliche Grundüberzeugung unserer Kirche, die entwickelt und konkretisiert wurde. Die in Vancouver 1983 versammelten Christen riefen zu einem weltweiten „Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ auf, der über Jahre hin das Engagement in den Gemeinden und die Themen der großen Kirchentage bestimmt hat. Es ging nicht mehr nur um die Frage von Krieg und Frieden, sondern auch um zwei weitere Dimensionen des Zusammenlebens und auch des Überlebens der Menschheit: Die erschreckende soziale Ungleichheit, die vor allem von den Ländern des Südens auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Dazu die unbegrenzte Ausbeutung der irdischen Ressourcen durch Wachstum und Konsum, vornehmlich in den reichen Industrienationen. Die ungleiche Verteilung der Güter wurde auch als eine Ursache für Konflikte und Kriege erkannt.

Denkschrift der EKD: „Aus Gottes Frieden leben – für Gerechten Frieden sorgen“

Aus diesen untrennbar miteinander verbundenen Problemen entwickelte die kirchliche Friedensethik das Leitbild eines „gerechten Friedens“, den die Evangelische Kirche (EKD) in ihrer Denkschrift von 2007 „Aus Gottes Frieden leben – für Gerechten Frieden sorgen“, ausführlich dargelegt hat. In dieser wegweisenden Stellungnahme, die bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren hat, ist Gewalt das letzte denkbare Mittel, um das Völker- und Menschenrecht zu schützen, das Putin mit seinem imperialen Gebaren gewaltsam gebrochen und brutal übertreten hat.

Es gibt keinen gerechten Krieg, aber gerechtfertigte Anlässe einzugreifen, um Schlimmeres zu verhüten und den Opfern zu helfen. Für uns evangelische Christen hat aber der gewaltfreie Weg, die zivile Konfliktlösung immer Vorrang. Dazu gehören positive Beziehungen zu den Staaten, Handel, Begegnung und kultureller Austausch, an dem unsere Kirche mit ihren internationalen Kontakten intensiv beteiligt ist. Der Grundsatz: „Wenn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor“, ist durch den brutalen Angriffskrieg Russlands keineswegs überholt. Auch darf in der sogenannten Zeitenwende, die auf Militär und Aufrüstung setzt, das Ziel einer Friedensordnung im gemeinsamen Haus Europa nicht in Abgrenzung, Hass und Gewalt untergehen.

Schwerter zu Pflugscharen umschmieden

Wir wollen keine Rückkehr in die weltanschauliche Konfrontation eines Kalten Krieges. Und als Christen halten wir unbeirrt an der Vision fest, dass „Schwerter zu Pflugscharen“ umgeschmiedet werden, es keine Kriege mehr gibt, Gerechtigkeit auf der Welt herrscht und unsere Schöpfung erhalten bleibt. Es kann sehr wohl politisch und ethisch vertretbar sein, eine militärische Nothilfe zu leisten, aber es ist sicher keine christliche Pflicht, Waffenlieferungen zu legitimieren. In der Ukraine verlängern sie einen grausamen Krieg, treiben die Eskalation der Gewalt voran, bringen noch größeres Leid über die Zivilbevölkerung und weitere Zerstörungen, nicht zuletzt befeuern sie den Klimawandel. Auch der erklärte Wille zum Nichteintritt in den Krieg wird damit schrittweise schwieriger.

Als Christ*innen die Stimme erheben

Solidarität mit der Ukraine ist also nicht allein eine Frage von möglichst vielen und schweren Waffen. Unsere Kirche steht weiterhin für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Darum werden Christen nicht schweigen, damit die verheerende Logik des Krieges nicht alternativlos bleibt. Denn sie haben immer wieder ihre Stimme erhoben gegen den Rüstungswettlauf, gegen die atomare Bedrohung, gegen das Freund – Feind – Denken, waren Wegbereiter der gewaltfreien Revolution, die zum Fall der Mauer und zu einem geeinten Europa führte.

In der derzeitigen Situation könnte es gerade die Aufgabe der Kirche sein, eine kriegsskeptische Stimmung zu befördern, das Ende des Krieges zu thematisieren, die politisch Verantwortlichen in ihren Verhandlungsbemühungen zu stärken und Ideen für eine künftige Friedensordnung einzubringen. Die Theologin Margot Käßmann, überzeugte Pazifistin, spricht von einer „Verpflichtung, zu deeskalieren“.

Wie gesagt, wenn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor!

Pfarrer i.R. Detlef Salomo

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Erstellungsdatum: 24.02.2023