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Verantwortungsvolles Haushalten ist für den Ev. Kirchenkreis Tecklenburg das Gebot der Stunde - André Ost entwickelt Perspektiven für gemeindliches Handeln

Zur Tagung der Kreissynode Tecklenburg am 7. September legte Superintendent André Ost den Synodalen seinen Bericht vor. Er hebt darin auf das Bibelwort „Dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes“ (1. Petrus, 4,10) ab. In seinem Bericht plädiert Ost vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen für ein verantwortungsvolles Haushalten im Ev. Kirchenkreis Tecklenburg.

Im letzten Jahr wurde die sogenannte „Freiburger Studie“, die Projektion der Gemeindeglieder- und Finanzentwicklung der Evangelischen Kirche bis 2060 veröffentlicht: Sie geht davon aus, dass die Evangelische Kirche in vierzig Jahren nur noch die Hälfte der heutigen Gemeindeglieder haben wird und damit auch die Hälfte der heutigen Finanzkraft. Die gute Nachricht: Nur zwei Drittel des prognostizierten Rückgangs folgen dem demographischen Wandel. Ein Drittel beruht hingegen auf kirchlichen Einflussfaktoren, wie einem veränderten Mitgliedschaftsverhalten in Bezug auf Taufen, Austritte und Aufnahmen. „Doch“, so Superintendent André Ost, „wir können als Kirche die Entwicklung aktiv beeinflussen“. Darum gelte es, nach Zusammenhängen zu suchen und auf sie Einfluss zu nehmen.

Auch wenn die Kirche kleiner wird, heißt dies nicht, dass sie weniger wirksam ist

Die Freiburger Studie habe nichts bahnbrechend Neues mitgeteilt, trage aber dazu bei, einen einerseits nüchtern-realistischen Blick auf die künftigen Rahmenbedingungen der kirchlichen Wirklichkeit zu werfen, ohne jedoch darüber in Schockstarre zu verfallen. „Unsere Kirche wird kleiner werden, Sie wird mit begrenzten Mitteln an Personal und Finanzkraft arbeiten müssen“, betont der Superintendent. Kirche werde sich perspektivisch zu einer Minderheit in der Gesellschaft entwickeln, die nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung repräsentiert. „Das muss jedoch nicht bedeuten, dass sie weniger wirksam oder bedeutsam ist“, unterstreicht Ost. „Auch als kleiner gewordene Institution wird sie von ihrem Auftrag her wertvolle Impulse in die Gesellschaft einbringen können“.   

Der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) stehe schon in den nächsten zehn Jahren ein größerer Umbauprozess bevor, informierte Ost die Synodalen. Denn spätestens mit dem Eintritt der „Babyboomer-Generation“ in den Ruhestand werde es der Kirche absehbar an Personal und Finanzkraft mangeln. Derzeit sei diese Generation für die bis dato gute Kirchensteuer-Einnahmesituation mitverantwortlich. Doch, so die Hochrechnung der Studie für die EKvW, muss schon bis 2030 mit einem Einnahmeverlust in Höhe von 20 – 25 % des derzeitigen Kirchensteueraufkommens gerechnet werden. 

Einnahmeverluste durch Corona-Pandemie zwingen zum Sparen

„Die Einnahmeverluste, die aktuell durch die Corona-Pandemie eintreten, sind in der Mitte des Jahres 2020 noch nicht genau zu beziffern“, berichtet André Ost. Die Konjunkturdelle sei in diesem Jahr allerdings bereits so erheblich, dass schon für das kommende Haushaltsjahr mit vorsichtig geschätzten Mindereinnahmen von 10 % zu rechnen sei. „Wir werden darum sehr viel früher zum Sparen gezwungen sein, als uns das lieb ist,“ machte er deutlich. „Sehr viel früher als noch vor einem Jahr prognostiziert, werde der Kirchenkreis wohl mit weniger Haushaltsmitteln auskommen müssen“, informiert der Superintendent. Der Prozess der Aufgabenklärung werde vor diesem Hintergrund schon eher einsetzen müssen, wenn der Kirchenkreis durch spürbare Haushaltsdefizite zu einschneiden Veränderungen gezwungen sei. „Die Zeit der jährlichen Zuwächse, an die wir uns in den letzten Jahren schon gewöhnt hatten, scheint endgültig vorbei zu sein“, konstatiert André Ost.

Im Jahr 2019 sei ein deutlicher Anstieg an Kirchenaustrittszahlen zu verzeichnen gewesen. Diese hätten sich von einem aufs andere Jahr fast verdoppelt. „Und was die Coronakrise für die Zukunft unserer Kirchengemeinden bedeutet, ist auch noch nicht aus-gemacht“, meint der Superintendent in seinem Bericht. Dies werde wohl kein vorrübergehendes Phänomen für die Kirchen sein. Im Jahr 2019 habe der Kirchenkreis Tecklenburg 1.279 Gemeindeglieder verloren (-1,74 %). Allein 668 Austritte wurden ver-zeichnet. Damit habe sich der Kirchenkreis dem landeskirchlichen Schnitt von 2,2 % in der Verlustquote deutlich angenähert. „Ob das eine einmalige Erscheinung ist, bleibt abzuwarten,“ berichtet der Superintendent.

Kirche als lebendigen Organismus betrachten, in dem Gottes Gnade wirkt

„Die Berücksichtigung des Bibelverses aus dem 1. Petrusbrief will uns davor bewahren, beim Thema Haushalterschaft nur rein auf die Zahlen und Statistiken zu schauen“, machte er deutlich. Es komme vor allem darauf an, Kirche als ein geistliches Geschehen zu betrachten und in entsprechender Weise zu pflegen: als einen lebendigen Organismus, in dem Gottes Gnade wirkt. Gottes Geist sei die wirkmächtigste Kraft zur Erneuerung der Kirche. Sie komme in den verschiedenartigen menschlichen Begabungen zum Tragen und werde da besonders wirksam, wo man seinen eigenen Beitrag als einen Dienst für Gott und seine Mitmenschen verstehe. „Durch das Zusammenspiel der verschiedenen Dienste entfaltet sich Wirkkraft Gottes. Darum sollten wir nicht nur auf das sehen, was wir absehbar nicht mehr schaffen werden, sondern unseren Blick auch auf die Potenziale richten. Sie sind auch in der Krise vorhanden und entfalten sich womöglich gerade dann, wenn wir am wenigsten mit ihnen rechnen“, betont der Superintendent.  

Haushalt auf gemeindlicher Ebene

„Die Einführung des „Neue Kirchliche Finanzwesen (NKF)“ hat unser kirchliches Finanzwesen revolutioniert“, berichtet André Ost. NKF sei mehr als ein Wechsel in der Haushaltssystematik, es erfordere ein neues Denken. Weg von der Einzelbetrachtung eines Haushaltsjahrs hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, die auch die kommenden Generationen mitbedenkt. In der konkreten Umsetzung, so Ost, erweise sich die Umstellung noch als eine große Herausforderung. „Es gilt nun, kontinuierlich Finanzmittel für Abschreibung und Substanzerhaltung kirchlicher Gebäude einzukalkulieren und sie geldwert vorzuhalten, damit die Bausubstanz auch für die Zukunft erhalten werden kann“, informiert Ost. Dies erfordere eine sehr langfristige Planung, die aus heutiger Sicht in manchen Fällen kaum leistbar erscheine. Dafür brauche es regelmäßige Rückstellungen, die unabhängig von aktuellen Konjunkturlagen und Kirchensteuereinnahmen zu bedienen seien. „In der Realität wirkt dieser grundsätzlich vernünftige Ansatz wie eine weitere Einschränkung der finanziellen Möglichkeiten. Erst recht in Zeiten zurückgehender Kirchensteuereinnahmen“, machte André Ost klar.

Strategie der stärkeren regionalen Kooperation

Am Beispiel der Nordwest-Region des Kirchenkreises lassen sich diese Herausforderungen gut darstellen, berichtet André Ost: „Die Visitation in der Kirchengemeinde Schale hat im Februar 2020 deutlich gezeigt, welche Lebendigkeit eine kleine ländliche Gemeinde entfalten kann, wenn sich Kirche im besten volkskirchlichen Sinne als Teil des Gemeinwesens ver-steht und dieses aktiv mitgestaltet. Gleichzeitig können vor den sich verändernden Rahmen-bedingungen die Augen nicht verschlossen werden. „Es braucht in Zukunft die Perspektive der nachbarschaftlichen Kooperation, um zu tragfähigen, zukunftssicheren Lösungen zu kommen“, konstatiert der Superintendent in seinem Bericht. Dies beziehe sich nicht allein auf den Pfarrdienst, dessen Möglichkeiten künftig eingeschränkter sein werden. Auch für die Bereiche Jugendarbeit, Gottesdienst und Kirchenmusik gelte es, regionale Lösungen zu finden, unterstrich er.

In Pandemie Möglichkeiten zu Begegnung und Austausch geben

 „Wir sorgen uns, je länger die Pandemie-Krise andauert, dass wir den Kontakt zu unseren Gemeindegliedern verlieren“, so der Superintendent. Darum lohne jede Anstrengung darüber nachzudenken, wie – unter Berücksichtigung aller notwendigen Vorkehrungen des Gesundheitsschutzes – wieder Begegnungsräume geschaffen werden können. Schon vor den Sommerferien habe es dazu vereinzelt erste Ansätze aus der Kirchenmusik gegeben. Die Erwachsenenbildung habe für das zweite Halbjahr wieder ein interessantes inhaltliches Programm aufgestellt – in der Hoffnung, dass es sich in geeigneten Räumen umsetzen lasse. „Es ist wichtig, dass wir uns mit der unserem kirchlichen Auftrag entsprechenden Angebotsstruktur bemerkbar machen und den Menschen wieder Möglichkeiten für Begeg-nung und Austausch bieten, sofern dies verantwortbar ist“, betont Ost. „Jede Krise kann eine Chance sein, sich neue Wege zu erarbeiten und über alternative Lösungen eine neue Zu-sammengehörigkeit herzustellen. Darum stellt sich die Frage, ob unser Ziel ausschließlich in der Wiederherstellung früherer Verhältnisse bestehen kann oder ob diese Coronakrise uns nicht vielmehr Fingerzeige für eine veränderte kirchliche Wirklichkeit gegeben hat, auf die wir uns einzustellen haben“, unterstreicht André Ost. „Denn nicht nur gesellschaftlich drängt sich der Eindruck auf, dass Corona uns wie in einem Brennglas den Zustand unserer Zeit aufgezeigt hat. Das gilt ebenso für unsere Kirche“, betonte er.

Professionalisierung des Themas sexualisierte Gewalt im kirchlichen Kontext

„Im Hinblick auf das gesellschaftlich mit großer Aufmerksamkeit begleitete Thema der sexualisierten Gewalt im kirchlichen Kontext haben wir einen wichtigen Akzent gesetzt“, unterstreicht André Ost. „Nachdem die Kreissynode 2019 einen Notfallplan für konkrete Verdachtsfälle sowie eine Selbstverpflichtung für einen sensiblen und fachlich verantwor-tungsvollen Umgang beschlossen hat, haben wir einen weiteren Schritt der notwenigen Professionalisierung des Themas Prävention vollzogen“, berichtet der Superintendent. Mit der Jugendreferentin Ingrid Klammann wurde zu Jahresbeginn die (halbe) Stelle einer haupt-amtlichen Multiplikatorin besetzt. Sie wird nun sukzessive alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden im Kirchenkreis im Sinne der Präventionsarbeit schulen. An einem Pilotprojekt zur Schulung von Presbyterien wird derzeit gearbeitet.

Kreiskirchenamt zieht Mitte September nach Münster

Seit dem 1. Januar 2020 hat in Bezug auf die kreiskirchliche Verwaltung eine neue Zeit-rechnung begonnen. Die Fusion der Verwaltung auf Gestaltungsraumebene (Ev. Kirchenkreis Münster/Ev. Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken/Ev. Kirchenkreis Tecklenburg) ist vollzogen. Die Mitarbeitenden sind in den zum Zweck der Verwaltungszusammenführung gegründeten Verband übergeleitet worden. Die Leitung des Gemeinsamen Kreiskirchenamtes liegt in den Händen von Jutta Runden. Ihre Stellvertretung hat Marlies Beckemeyer, die ehemalige Leiterin des Kreiskirchenamtes in Lengerich, angetreten. Das Führungsteam wird komplettiert mit vier Fachbereichsleitern für die Bereiche Personal, Finanzen, Buchhaltung sowie Liegenschaften und Zentrale Dienste. „Für die Verwaltungsorganisation wird der Umzug nach Münster zweifellos Vorteile bringen“, berichtet der Superintendent. „Denn erst mit dem Einzug in die neue Verwaltung werden die Synergien wirksam werden, die wir uns von der Verwaltungszusammenführung erhofft haben“. Ob sich der Aufwand gelohnt habe, werde sich in den nächsten Jahren zeigen, so Ost.

Den kompletten Superintendentenbericht finden Sie hier:

https://www.kirchenkreis-tecklenburg.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Superintendentenbericht_Sommersynode_2020.pdf

 

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