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Veränderungen von Strukturen der Kirchen - Superintendent André Ost referiert in Westerkappeln

Die Kirchen stehen vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen aktuell vor großen Herausforderungen. Dies machte André Ost, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Tecklenburg, am 30. August 2022 in einem Vortrag zum Thema „Die Zukunft der Kirche“ deutlich.

Eingeladen hatte ihn der Ökumenekreis „Zaunkieker“, dessen Mitglieder sich bereits seit 22 Jahren mit verschiedenen Glaubensrichtungen beschäftigen. Die derzeit 25 evangelischen, evangelisch-methodistischen und katholischen Christen interessieren sich für alle Weltreligionen und erweitern stetig ihr Wissen durch Reisen und Vorträge. Pfarrer i. R. Reiner Ströver begrüßte im Reinhildis-Haus der katholischen Kirchengemeinde St. Margaretha Westerkappeln etwa 40 Zuhörer.

Referent André Ost freute sich über die rege Teilnahme. „Ihnen liegt Ihre Kirche am Herzen und Sie machen sich Sorgen“, stellte der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Tecklenburg fest. Dass diese nicht unberechtigt sind, ging aus seinen Ausführungen hervor, die er mit aufschlussreichen Statistiken untermauerte. Bezugnehmend auf die „Freiburger Studie“ erläuterte er anhand von Grafiken, dass sich Mitgliederzahl und Finanzkraft der beiden großen Kirchen in Deutschland bis zum Jahr 2060 mehr als halbieren werden. „Kirche wird es immer geben, aber in einer anderen Struktur“, lautete sein Fazit.

Das Rekordhoch der Kirchenaustritte hänge wohl mit der hohen Zahl von aufgedeckten Missbrauchsfällen, aber auch dem Wandel in der Gesellschaft und dem derzeitigen „Dauerzustand von Krise“ zusammen. Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energieknappheit, Inflation und zunehmende soziale Probleme verunsicherten die Menschen. Religiöse Indifferenz, Säkularisierung, Pluralismus und Individualisierung trügen ebenfalls zum Mitgliederschwund bei.

„Wir schlittern zudem auf ein echtes Personalproblem zu“, so André Ost. Viele Pfarrer werden demnächst in den Ruhestand gehen und es fehlt an Nachwuchs. Die evangelische Kirche setze nicht auf „Zwangsfusionen“, sondern schaffe „Nachbarschaftsräume“. Berufsgruppen wie Diakone, Kirchenmusiker oder Religionspädagogen erhielten größeres Gewicht. Das Ehrenamt werde gestärkt und „Interprofessionelle Pastoral-Teams“ gebildet, um die Pfarrer zu entlasten. Nicht alle Kirchen, Gemeindehäuser oder Pfarrbüros würden in Zukunft zu halten sein, so schmerzhaft dies auch sei, kündigte der Superintendent an.

„Wie erreichen wir die Menschen und was brauchen sie von uns“, sei die Kernfrage. Der Superintendent stellte Zukunftsplanungen in den Gemeinden des Kirchenkreises vor, die auf weniger Mitglieder und geringere Finanzmittel reagierten. Ökumene, Teamarbeit und Kooperationen stellen in diesem Zusammenhang eine große Chance dar, um Ressourcen zu bündeln und die Seelsorge in vollem Umfang zu erhalten. Neben der Kirchensteuer würden Spenden und Vermögenserträge wichtiger.

Daran knüpften die Teilnehmer der regen Diskussion an. Pastor Dr. Norbert Tillmann verwies darauf, dass der Glaube heutzutage nicht mehr im Alltag verankert ist und in den Familien weitergegeben wird. Erstkommunion, Weihnachten oder Ostern würden zu weltlichen Festen, deren religiöse Bedeutung vielen Menschen gar nicht mehr bekannt sei. Von einigen Teilnehmern wurde gefordert, dass sich Kirchen mehr als bisher in die Politik einmischen sollten. Pfarrer Martin Thalmann erinnerte hingegen daran, dass die Kernkompetenz der Kirche sei, das Evangelium zu verkünden. Annette Salomo hob hervor, dass Pfarrer mit ihren Predigten berühren und Sorgen ernst nehmen müssten. Die Menschen redeten hierzulande nicht offen über Gott und ihren Glauben. In Afrika sei das anders, berichtete die langjährige Vorsitzende des Partnerschaftskomitees für einen Kirchenkreis in Namibia.

Bemängelt wurden zudem die fehlende Transparenz von Entscheidungen kirchlicher Gremien, die Überfrachtung des Pfarrberufes mit fachfremden Aufgaben oder unverständliche Gottesdienste. Beantwortet wurden Fragen zur Religionspädagogik und der Notwendigkeit, inhaltliche Ideen umzusetzen. Reiner Ströver berichtete von Friedensgebeten in Ibbenbüren, die ohne Pfarrer organisiert werden. Gertrud Bodenstein, die Vorsitzende der „Zaunkieker“, lud zu einer Fahrt am 28. September zur Synagoge in Enschede ein.

Tex: Brigitte Striehn

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